Türkei 2008
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Kappadokien im Oktober 2008
Dieses Jahr haben wir die Türkei gleich zweimal besucht: nach dem mehr badeorientierten Urlaub im Mai konnte im Oktober noch kurzfristig eine Rundreise durch die bizarre Landschaft Kappadokiens unternommen werden. Obwohl touristisch bereits sehr frühzeitig erschlossen, ist vielen Türkeireisenden diese Region unbekannt.
Kappadokien ist ein Traum von Natur- und Kulturlandschaft gleichermaßen - und zurecht als UNESCO-Welterbe in beiden Disziplinen ausgezeichnet, wie die nachfolgenden Photos eindrucksvoll belegen.
Antalya |
Antalya ist eine lärmende Großstadt mit mehreren Millionen Einwohnern. Unattraktive Hochhäuser im Einheitsdesign mit den obligatorischen Warmwasser-Solaranlagen auf den Dächern und unzähligen Satellitenschüsseln auf den Balkonen prägen das Stadtbild. |
Wir haben die Nacht dank schallschluckender Fenster und ausgezeichnetem Frühstück ganz gut überstanden und fahren durch das beeindruckende Taurusgebirge. Vorbei an urigen Bergdörfern mit jahrhundertealten Häusern geht es nach Konya, der ehemaligen Hauptstadt der Seldschuken, unserer ersten Station auf der über 500 km langen Strecke nach Kappadokien. |
Konya Mevlânâ Celâleddin Rumi, der Begründer des Mevlevi-Ordens, liegt hier begraben. Dieser Orden ist im Ausland vor allem bekannt geworden durch seinen Tanz der Derwische. Für die Einheimischen ist Konya wegen des Mevlânâ-Klosters eine Pilgerstätte. |
Das höchste Ziel der Glaubenslehre des Sufismus, die Celâleddin Rumi verkörperte, ist die Überwindung der Kluft zwischen Mensch und Gott. Dies geschieht durch einen Trancezustand, in den sich der Mensch versetzt und der in der Vereinigung der menschlichen Seele mit Allah gipfelt. |
Bei diesem Tanz drehen sich die Derwische - in wallende, weiße Gewänder und spitze Hüte gekleidet - um einen Vortänzer und um ihre eigene Achse. |
Wir haben mittlerweile unsere erste Nacht im Zielgebiet Kappadokien in einem netten Mittelklassehotel - dem Yeni Yükseller - verbracht. Rötlich leuchten die gebirgigen Ausläufer der Umgebung in der aufgehenden Morgensonne. Nebel liegt über der Landschaft. |
Özkonak |
Auch an der Oberfläche finden sich in den Stein getriebene Höhlenwohnungen. |
Paşabağ |
Wie ist diese einzigartige, bizarre Naturlandschaft in ihrer ganzen Schönheit eigentlich entstanden? |
Im Laufe von hunderttausenden von Jahren, so erklärt Hüseyin, unser Reiseleiter, haben sich diese Aschemassen zu Tuffstein verdichtet, der seitdem in einem niemals enden wollenden Prozeß durch die unermüdlich wirkenden, erodierenden Kräfte der Natur bearbeitet und abgetragen wird. |
Dort, wo der weiche Tuffstein (erkennbar an der hellen Farbe) von Schichten aus härterem und damit weniger schnell verwitterndem Eruptivgestein (dunkle Farbe) bedeckt wurde, konnte die Erosion nicht in der gleichen Geschwindigkeit wirken wie an Stellen, an denen solch eine Deckschicht aus härterem Material nicht abgelagert wurde. |
Die dunkle Kappe aus hartem Material bewahrt also den darunterliegenden weicheren Tuffstein vor dem Schicksal des schnellen Abgetragenwerdens. Nur so konnte es geschehen, daß sich die Feenkamine herausbilden konnten, während deren unmittelbare Nachbarschaft mangels schützender Deckschichten aus schwerverwitterbaren Gesteinen ausgewaschen und abgetragen wurde. |
Dieser Prozeß der fortdauernden Abtragung und Umgestaltung dauert selbstverständlich noch immer an! In abermals hunderttausenden von Jahren wird dieses Land ganz anders aussehen als heute. |
Viele der heutigen Feenkamine werden dann ihre schützenden Decksteine verloren haben, und der darunterliegende weiche Tuffstein wird vollständig abgetragen worden sein. Andererseits werden an anderen Stellen wieder neue Kamine aus dem Bergrücken entstanden sein. |
Wir gönnen uns eine leckere Erfrischung in Form frisch gepreßten Granatapfelsaftes, bevor wir diesen beeindruckenden Ort verlassen, um zur nächsten Attraktion weiterzufahren. |
Das Rosental |
Wie in allen Tälern Kappadokiens finden sich auch hier Zeugen einer frühchristlichen Besiedlung. Zahlreiche Höhlenwohnungen und -kirchen sowie Nischen zur Aufnahme von Beleuchtungsmitteln finden sich in den steil aufragenden Felswänden. |
Es muß ein unglaublicher Anblick gewesen sein - etwa wie Ostern und Weihnachten zusammen - als Felswand um Felswand nachtsüber von tausenden von Kerzen und Öllampen illuminiert waren. |
In diesem sowie den umliegenden Tälern wurden nicht nur Wohnungen und Kirchen in die Felsen gemeißelt, sondern auch Taubenschläge, denn die Taubenzucht - zur Düngemittelgewinnung - war früher in dieser Region weit verbreitet und wohl auch eine der wenigen Einnahmequellen. |
Taubenmist und Vulkanascheboden ergaben eine besonders fruchtbare Mischung, die schon in frühester Zeit unter anderem den Weinanbau in dieser Landschaft ermöglichte, der bis heute betrieben wird. Tauben werden jedoch keine mehr gezüchtet. |
Die Weinbauern verkaufen ihre Produkte auch an Ort und Stelle an vorbeikommende Wanderer. Eine Flasche erfrischenden, fruchtigen Roséweines war ab 3 EUR zu bekommen. |
In der nächsten Ortschaft, der wir uns nähern - Çavuşin - wird der Preis um 50 Cent höher liegen. Touristenzuschlag nennt man das dann wohl... |
In der Ferne ist bereits der steil aufragende, von Höhlenwohnungen regelrecht durchlöcherte Felsen von Çavuşin zu erkennen. |
Çavuşin |
Leider führt dies zur Entvölkerung ganzer Landstriche und zum Verfall vieler jahrhundertealter Ortschaften wie dieser. |
Die Spätnachmittagssonne taucht die Felswände in ein intensives, orangefarbenes Licht, als wir diesen Platz verlassen, um in unser Yeni Yükseller zurückzufahren. |
Die drei Schönheiten |
Bis auf die Schönheiten bietet der Blick über die umgebende Landschaft wenig Interessantes. Wir besteigen deshalb unseren Rundreisebus zur Weiterfahrt nach Uçhisar, dessen Anblick uns sogleich die Sprache verschlagen wird. |
Uçhisar |
Obgleich viele der Wohnungen leerstehen oder - sofern ebenerdig zugänglich - als Ziegenställe genutzt werden, gibt es doch einige, die bewohnt werden. |
Solche bewohnten Höhlen sind dann mit modernen Fenstern und Türen sowie natürlich Strom, Wasser, Heizung und Satellitenfernsehen ausgestattet. |
In einigen der Felsen finden wir die Höhlenwohnungen zu kleinen Cafés, Restaurants und Pensionen umgebaut. Einige Bewohner laden auch gerne zur Besichtigung ihrer privaten Residenzen ein, natürlich in der Erwartung, für die Führungen ein anerkennendes Trinkgeld zu bekommen. |
Viele Einheimische sind jedoch - bis auf die Händler mit ihren Andenkenständen und den Gastronomietreibenden - nicht anzutreffen. Die junge Bevölkerung floh wohl auch von hier schon vor vielen Jahren in die Städte. |
Das Tal von Göreme |
Was für ein grandioses Panorama! Eine unglaubliche Landschaft wie aus einem Fantasyfilm liegt uns zu Füßen. Hunderte von Feenkaminen leuchten in der Sonne, und mittendrin liegen die Häuser der Ortschaft Göreme. |
Wie an jedem touristisch interessanten Ort haben natürlich auch hier fahrende Händler die potentielle Kundschaft im Blick, verhalten sich aber angenehm unaufdringlich. Es scheint, als habe man mittlerweile gelernt, daß aggressives Marktverhalten eher abstoßend auf westeuropäische Besucher wirkt, die nur die Geschäftsprozesse eines Festpreismarktes kennen. |
Freilichtmuseum Göreme |
Viele der Kirchenmalereien sind allerdings bereits zerstört worden - in einer Zeit, in der man der Meinung war, ein Mensch dürfe keine Abbilder von Gott oder generell von Heiligen anfertigen. Man hat die Malereien einfach abgekratzt oder den dargestellten Heiligen wenigstens die Augen ausgekratzt oder deren Gesichter sonstwie unkenntlich gemacht. |
Selbstverständlich gibt es auch in unserer Reisegruppe wieder ein paar hochgradig Lernresistente, die trotz Verbotes mit Blitzlicht fotografieren und damit aktiv am weiteren Zerfallsprozeß der verbliebenen Malereien mitwirken. |
Soğanli |
In früheren Jahrhunderten habe man dieses Gebiet auch das Tal der Tauben genannt, berichtet unser Reiseleiter. Der Himmel sei schwarz vor Tauben gewesen. Die Taubenzucht zur Düngemittelgewinnung aus dem Taubenmist habe die Bewohner dieser Region leidlich ernähren können. |
Die sei aber schon lange vorbei, und die allerorts stattfindende Landflucht führe auch hier zur Entvölkerung ganzer Gebiete. Die wenigen Bewohner lebten vom kargen Ertrag ihrer Felder bzw. von den hier durchkommenden Touristenbussen. |
Mit finanziellen Anreizen versucht die Regierung, der weiteren Entvölkerung dieses Landstriches entgegenzuwirken. Einige der historischen Gebäude Soğanlis wurden bereits modernisiert, es gibt ein Café, das die Bewohner für Besucher des Ortes betreiben, und kleine Ateliers, in denen die Frauen Puppen in Handarbeit herstellen und für wenig Geld zum Verkauf anbieten. |
Man wird sehen, ob diese Bleibehilfen funktionieren und dieser sowie weitere jahrhundertealte Orte vor dem Verlassen und damit vor dem Verfall bewahrt werden können. Die Reiseveranstalter jedenfalls fahren diese Region weiterhin an, um den Bewohnern Einnahmen aus dem Tourismusgeschäft zu ermöglichen. |
Im Heißluftballon über Kappadokien |
Es ist kalt und neblig, als sich hunderte Ballons aus den umliegenden Feldern in den bedeckten Himmel erheben. 20 Personen faßt der Transportkorb, zuzüglich Pilot(in), der(die) in der Mitte des Korbes agiert und das Fluggerät steuert. |
Es ist ein ungewohntes Gefühl von absoluter Stille, als unser Ballon in die tief hängende Wolkendecke eintaucht. Am Horizont - hinter dem Bergrücken - ist auch allmählich die Sonne zu erkennen. |
Unsere Pilotin nimmt Kurs auf das Liebestal. Dessen charakteristische Feenkamine treten langsam aus dem dichten Nebel. Je näher wir kommen, desto klarer tritt zutage, weshalb sie für den Namen dieses Tales verantwortlich gemacht werden. |
Wir sind inzwischen eine Stunde in luftiger Höhe unterwegs. Unsere Pilotin sucht einen geeigneten Landeplatz am Rande des das Tal umgebenden Bergrückens. Der Ballon vor uns senkt sich gerade an dem Ort, an dem wir auch landen möchten. |
Unsere Pilotin setzt nach einigen Versuchen sicher auf einem Feld auf, und wir verlassen die Enge des Fahrgastkorbes. Nach dem obligatorischen Sektempfang bekommt jede(r) Ballonfahrer(in) die obligatorische Urkunde, und danach bringt uns der Bus zurück ins Hotel. |
Das Liebestal |
Ein halbkreisförmiger Bergrücken aus schneeweißem Tuffstein umgibt die prächtigen Feenkamine dieses Tales. Wir waten knöcheltief durch weichen, weißen Sand. |
Auch hier wird stellenweise Wein angebaut. |
Alle paar Schritte sieht die Gegend anders aus. Immer wieder neue Gesteinsformationen verführen zum Innehalten, um zu staunen und zu photographieren. |
Der Anblick dieser steinernen Kolosse inmitten der sie umgebenden, teils herbstlich gefärbten Landschaft verschlägt einem die Sprache - ein wirklich atemberaubender Anblick. |
Angenehm auffällig ist, daß trotz der Massen an Besuchern, die das Liebestal durchwandern, kaum Müll die Landschaft verunstaltet. An griechischen Urlaubsorten haben wir in dieser Beziehung ganz andere Erfahrungen machen müssen. |
Die Ödnis dieser spärlich bewachsenen Erosionslandschaft vermittelt ein Gefühl der Ruhe. Unterbrochen wird die anmutige Stille nur durch das vereinzelte Geschrei der Granatapfelsaftverkäufer und deren knatternde Mopeds, auf denen sie den Wandergruppen vorauseilen, um sie am nächsten Panoramapunkt wieder zu umwerben. |
Jede normal empfindende Frau dürfte beim Anblick dieser steinernen Riesen vermutlich wohlige Gefühle im Bereich des Beckenbodens verspüren... |
Diese besonders schön und regelmäßig gewachsenen Feenkamine sind natürlich auch ein beliebter Hintergrund für die anspruchslose Bilderknipserei der Güteklasse "Schau mal - das bin ich im Urlaub". |
Inzwischen sind wir am Ende des amtlichen Wanderweges durch das Liebestal angelangt und machen uns allmählich auf den Rückweg. Schließlich warten ja die Tanzenden Derwische mit ihren Tanzdarbietungen auf uns. |
Auf der Rückfahrt ins Hotel stoppt der Bus noch kurz an einem Panoramapunkt, der uns zum Abschluß dieses Tages einen schönen Blick über die Gesteinsformationen des Roten Tales ermöglicht. |
Unser Aufenthalt im Herzen Kappadokiens ist beendet, und wir machen uns auf die über 500 km lange Rückfahrt nach Antalya. Nach einem Zwischenstop in der Karawanserei Sultanhani und einem leckeren Mittagessen unterwegs kommen wir schließlich nach Beyşehir zur berühmten Eşrefoğlu-Moschee. |
Beyşehir mit Eşrefoğlu-Moschee |
Außerhalb der Moschee findet das beschauliche, dörfliche Leben statt. |
Perge |
Einer der bedeutendsten Mathematiker des Altertums - Apollonius von Perge - war möglicherweise der berühmteste Sohn der Stadt. |
Der Überlieferung nach predigten hier in frühchristlicher Zeit Paulus und Barnabas. |
Perge wurde durch mehrere schwere Erdbeben völlig zerstört. Wie früher überall gängige Praxis, verwendete man auch in dieser Gegend die Trümmer der antiken Stadt als Steinbruch für die Errichtung neuer Gebäude. |
Den Rest, den wir im Rahmen unseres Rundganges bestaunen dürfen, verdanken wir dem fleißigen und ehrbaren Berufsstand der Archäologen. Seit Jahrzehnten wird in Perge mittlerweile gegraben. |
Wenn man bereits Ephesos gesehen hat, mutet der Anblick der Reste von Perge doch etwas enttäuschend an angesichts des desolaten Zustandes des gesamten Areals. Man kann nur hoffen, daß künftigen Besuchergenerationen ein erhabenerer Restaurierungszustand präsentiert werden kann. |
Das ovale Stadion von Perge soll einst ca. 14.000 Zuschauern Platz geboten haben. Die noch stehengebliebenen Reste vermitteln in der Tat eine beeindruckende Vorstellung von der ehemaligen Größe dieses Bauwerks. |
Kurşunlu-Şelalesi |
Antalya |
Der Herbst gehört jetzt den Reisenden, die entweder einfach nur der heimischen Kälte entfliehen wollen oder den eher kulturinteressierten Urlaubern, die hauptsächlich an Wandertouren im Taurusgebirge sowie am Besuch der unzähligen Sehenswürdigkeiten Interesse haben. |
Im Hafen unterhalb der historischen Altstadt laden zahlreiche Ausflugsboote zu Fahrten entlang der Küste ein. Angesichts nur noch weniger Touristen herrscht ein harter Konkurrenzkampf unter den Skippern; jeder versucht, vorbeikommende Fußgänger mit sanfter Gewalt auf sein Boot zu ziehen. |
Für eine lärmende Großstadt liegt Antalya eigentlich recht idyllisch da - mit seiner steilen Küstenlinie und den Ausläufern des Taurusgebirges im Hintergrund, die bis zum Meer herunterreichen, präsentiert es sich geradezu photogen... |
Schon auf früheren Türkeireisen haben wir die historische Altstadt liebgewonnen. Die Gassen werden von Jahr zu Jahr schöner, die Menge an restaurierter Bausubstanz steigt in gleichem Umfang. |
Da am 29. Oktober - dem Jahrestag der Republikgründung und daher Nationalfeiertag - in Antalya der Ausnahmezustand in Form hunderter, parade-marschierender, uniformierter Schulkinder-Spielmannszüge herrscht, finden heute - zwei Tage vorher - die Generalproben auf der amtlichen Marschroute statt. |
Ein ohrenbetäubender Lärm, der aus den Hochhausschluchten herüberhallt! |
Stereobild aus Perge |
Für interessierte Photographen: alle hier abgebildeten 234 Photos wurden mehrheitlich mit nebenstehender Spiegelreflexkamera vom Typ Pentax ME super mit dem Zoom-Objektiv SMC Pentax-M 1:2,8 / 35 - 70 mm auf Kodak Professional Elitechrome Extra Colour 100 und Kodak Color Plus 200 aufgenommen. | |||
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